Evolution, Zivilisation und Verschwendung by Peter Mersch

Evolution, Zivilisation und Verschwendung by Peter Mersch

Autor:Peter Mersch
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Books on Demand GmbH
veröffentlicht: 2008-01-30T05:00:00+00:00


Die erste Alternative kommt für die meisten Biologen kaum in Betracht, denn dann gäbe es schlagartig keine Erklärung mehr für die Evolution des Lebens, was aus ihrer Sicht natürlich wenig wünschenswert ist. Folglich verbleiben nur die beiden anderen Optionen. Und damit offenbart sich auch schon das eigentliche Dilemma des Problems: Man kann kaum wissenschaftlich objektiv darüber sprechen.

Die dritte Alternative hätte nämlich erhebliche politische Implikationen, so dass bereits eine Diskussion darüber als politische Stellungnahme gewertet werden könnte. Wer hier gar einen gesellschaftlichen Handlungsbedarf sieht, dürfte sich sehr schnell des Sozialdarwinismus verdächtig machen. Folgerichtig überwiegen die Stimmen, die die Entwicklung als eher günstig ansehen. In diesem Sinne argumentiert beispielsweise Konrad Lorenz (Lorenz 2005: 60):

Um sich die Gefahren zu vergegenwärtigen, die der Menschheit aus erblichen Instinkt-Ausfällen erwachsen, muss man sich klarmachen, dass unter den Bedingungen des modernen Zivilisationslebens kein einziger Faktor am Werke ist, der auf schlichte Güte und Anständigkeit hin Selektion treibt, es sei denn das uns eingeborene Gefühl für diese Werte. Im wirtschaftlichen Wettbewerb der westlichen Kultur steht ein eindeutig negatives Selektionsprämium auf ihnen! Es ist noch ein Glück, dass wirtschaftlicher Erfolg nicht unbedingt positiv mit der Fortpflanzungsrate korreliert ist.

Andere sehen nun gar die Möglichkeit eines permanenten gesellschaftlichen Umschichtungsprozesses herbei, bei dem die Eliten der nächsten Generation stets mehrheitlich aus den Kindern der bisherigen Nicht-Eliten rekrutiert würden (Bollmann 2006: 84):

Erst die geringe Kinderzahl altrömischer Senatoren oder moderner Akademiker gibt dem Nachwuchs aus unteren Gesellschaftsschichten Raum für die eigene Karriere.

Dazu müssten lediglich geeignete Bildungsmaßnahmen implementiert werden (Gaschke 2005: 102f.):

Wenn hauptsächlich die Schwachen Kinder bekommen, dann müssen wir eben aus diesen Kindern Atomphysiker machen, Gerichtspräsidenten, Abgeordnete, verantwortungsvolle Bürger.

Die meisten Soziobiologen halten sich allerdings lieber ganz aus dem Thema heraus, möglicherweise auch aufgrund der im Rahmen der Debatte um das Buch „Sociobiology – the new synthesis“ von Edward O. Wilson (Wilson 2000b; Alcock 2003) gemachten negativen Erfahrungen. Und so sind gemäß Eckart Voland Soziobiologen mittlerweile mehrheitlich der Auffassung (Voland 2007: 41),

dass alle Mitglieder einer Population eine „genetische Äquipotenz“ aufweisen, und der soziale und damit letztlich reproduktive Wettbewerb ohne evolutionsgenetische Folgen ist.

Der Anthropologe Carel van Schaik resümiert ganz in diesem Sinne, dass wir Menschen die genetische Evolution mehr oder weniger aufgehoben haben (Van Schaik 2005: 35). Darüberhinaus erwartet er beim Menschen keine großen biologischen Veränderungen mehr. Gemäß solchen Auffassungen hätte sich das biologische Evolutionsgeschehen also am Ende doch noch selbst ausmanövriert, ein Gedanke, der von Eckart Voland jedoch als nicht wirklich befriedigend bezeichnet wird (Voland 2007: 12).



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